Kaffeehausgespräche – mit Stephan Jaekel

Stage Entertainment - Stephan Jaekel

Stephan Jaekel
Director Communications

Frühaufsteher oder Morgenmuffel?

Definitiv Frühaufsteher. Selbst im Urlaub. So hat man mehr vom Tag, und die Stimmung eines erwachenden Morgens empfinde ich als etwas ganz Wunderbares.

Kaffee oder Tee?

Morgens Kaffee, nachmittags gern mal einen Tee.

Wie sieht die erste Stunde deines Tages aus?

Wenn ich zu Hause in Hamburg bin, relativ konventionell, fürchte ich: Noch vor dem Kaffeekochen der scheinbar unvermeidliche neugierige Blick aufs Smartphone zur allgemeinen, beruflichen und privaten Nachrichtenlage. Garderobenauswahl je nach Termin-Lage. Wenn es die Zeit zulässt, mich noch kurz den Pflanzen auf meiner Terrasse widmen, dann geht es zu Stage Entertainment in die Speicherstadt. Im Sommer gern per Fahrrad, da führt mein Weg herrlich grün immer an der Außenalster entlang. Wenn ich in einer unserer anderen Städte zu tun habe, gönn ich mir im Hotel ein kräftigendes Frühstück. Komisch, zu Haus nehme ich mir die Zeit dafür fast nie.

Beschreib dich bitte mit drei Worten

Kreativ, menschen- und weltneugierig.

Was schiebst du immer wieder gerne auf?

Privat-Administratives wie Steuern, Perso-Verlängerung oder das Kündigen irgendeines Abos.

Auf was bist du besonders stolz?

Stolz klingt als Wort ein wenig hochmütig, und das möchte ich nie sein. Ok, ich versuch´s trotzdem. Ich bin stolz auf einen lebendigen Freundeskreis, der mich fordert und anregt. Auf meine Stage Entertainment Kollegen, die ihren Job gern und mit großer Leidenschaft machen. Und darauf, dass Stage Entertainment nach vielen Jahren eher vager Ideen nun endlich auch in München Fuß fassen möchte und ich daran mitarbeiten kann. Ich habe dort studiert, und ein Teil meiner Familie stammt aus Bayern, so dass mein Herz sehr für München schlägt.

Welches Land/Stadt möchtest Du unbedingt noch bereisen und warum?

Marrakech / Marokko. Mich faszinieren die Farben, Gerüche, die Landschaften und der kulturelle Reichtum des Landes.

Du hast ja einen ziemlich bunten Lebenslauf von der Deutschen Bahn über Bertelsmann bis hin zu Napster. 2003 bist du dann bei Stage Entertainment „sesshaft“ geworden. Seit 2008 head of public relations and corporate communications. Was steckt da genauer dahinter bzw. mit was beschäftigst du dich hauptsächlich?

Dahinter verbirgt sich die Verantwortung für die Produkt- und die Unternehmens – PR für Stage in Deutschland. Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen des PR Teams setze ich Pläne auf, welche Informationen und Geschichten rund um unsere Stücke, Theater und die Company für welche Medien zu welchem Zeitpunkt interessant sein könnten und uns Sympathie und Interesse in der öffentlichen Wahrnehmung einbringen. Dazu stimmen wir uns eng mit den Kreativen, Darstellern und Theater-Kollegen, aber auch mit den Kollegen in Marketing und Sales ab – und bei Themen, die Stage als Ganzes betreffen, natürlich auch mit der Geschäftsführung. Das alles ist inhaltlich so vielfältig und bietet so viele Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit wie sicher nur wenige andere Branchen. An einem einzigen Tag beschäftige ich mich z. B. mit der Frage, wie wir die Popularität von Daniela Ziegler als Hauptdarstellerin in ANASTASIA bestmöglich nutzen können, welche Medien an Geschichten zum 15. Jubiläum der BLUE MAN GROUP interessiert sein könnten, wie ich die Geschäftsführung von der Wirkkraft eines TV Show Acts von MARY POPPINS überzeuge und welche Themen wir für eine neue App bei Hamburg Marketing anbieten wollen. Um zusätzlich auch noch mit dem Management von Take That Pressetermine für THE BAND festzuzurren und Listen mit Bloggern durchzuarbeiten, die kulturaffin sind. Da muss man im Kopf schon recht agil bleiben.

Beschreibe mal kurz den Zauber der Musicalwelt von Stage Entertainment.

Jedes einzelne Musical bezaubert durch seine eigene Art und Weise, Tanz, Gesang und Schauspiel zu verbinden und seinen Besuchern ein Höchstmaß an emotionalem Live Genuss zu bieten. Dabei ist die große inhaltliche Bandbreite an Themen, Musikrichtungen, Erzählarten und der an all dem beteiligten Menschen schlicht faszinierend. Ein Beleuchtungsmeister oder eine Kollegin in der Finanzabteilung tragen genauso zum Erfolg unseres Schaffens bei wie ein Mitarbeiter am Merchandise Stand, der Komponist des Stücks oder ein Casting-Kollege. Besonders Spaß machen dabei unsere Eigenentwicklungen wie z. B. DAS WUNDER VON BERN, FACK JU GÖHTE, TINA oder AMELIE. Das kreative Werden eines neuen Stückes eng begleiten zu können, ist überaus spannend, und es weitet von Anfang an das Gespür, welche Geschichten wir dazu erzählen können. Dass jeden Abend in unseren zehn Ensuite Theatern in Deutschland live ein Stück aufgeführt wird und damit pro  Jahr fast vier Millionen Menschen ihre ganz persönliche eigene Premiere erleben – das ist schon etwas ganz Besonderes.

Wo geht die Zukunft des Musicals hin? Große eigene Theaterhäuser oder Musical-Tourneen?

Beides wird in Zukunft weiterhin parallel laufen. Dabei werden die großen Häuser vermehrt auch Stücke mit einer Laufzeit von ein bis maximal zwei Jahren zeigen, so wie das am Broadway und in London schon seit jeher typisch ist. Jahrzehntelange Laufzeiten schaffen nur ganz wenige Shows – auf Dauer wäre es aber doch auch für die Besucher furchtbar langweilig, in Deutschland immer nur dieselben zwei, drei Musicals sehen zu können.

Zur Zeit sind ja die Jukebox Musicals recht angesagt wie z.B. Tina oder THE BAND  (Deutschland-Start im April 2019 in Berlin). Ist das der Trend, weg von schweren tragenden Stücken?

Im Grunde finde ich die Bezeichnung „Jukebox Musical“ schon semantisch unfair negativ. Zumindest bezogen auf die qualitativ hochwertigen Stücke dieses Musical-Genres, bei denen die zugrunde liegenden Songs nicht krampfhaft in eine Geschichte gepresst werden, sondern selber aus sich heraus die Story erzählen. MAMMA MIA! ist da wohl das beste Beispiel. Und bei TINA setzen wir insofern noch eins drauf, als dass da mit ihren großartigen Songs sogar ihr eigenes Achterbahn-Leben erzählt wird. Das ist schon absolut großartig gemacht, die Besucher in London rasten jeden Abend aus, und der Vorverkauf für Hamburg läuft sensationell.

In der Tat ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten besonders häufig ein bekannter Songkatalog als Basis für ein Musical gewählt worden. Aber genauso viele neue Stücke entstanden auf Grundlage eines Films, eines Buches oder einer bekannten Persönlichkeit. Ich finde es sehr schwer, da von „Trends“ zu sprechen. Nehmen wir zum Beispiel das aktuell künstlerisch und kommerziell wohl mit Abstand bemerkenswerteste Musical weltweit, HAMILTON. Da hatte ein irre kreativer Musiker und Autor, Lin-Manuel Miranda, eine irre Idee und schreibt ein Stück über einen selbst in den USA ziemlich unbekannten Gründungsvater dieses Landes. Und macht das auf ein Art und Weise, die das Genre Musical künstlerisch geradezu nach vorne katapultiert hat. Er schafft mit intelligentem Rap, Power-Choreografien und atemberaubendem Erzähltempo ein Musical, für das die Menschen Schlange stehen und seit mehr als drei Jahren abnorm hohe Ticketpreis zu zahlen bereit sind. Bei dem selbst Barack Obama Remix Songs aufnimmt. So etwas setzt in der Raffinesse dessen, was man mit Musik, Licht, Ton, Bühnenbild und Erzählweise auszudrücken vermag, Trends. Aber natürlich freuen wir uns sehr, dass Stücke wie THE BAND unser Publikum bei einem bekannten und lieb gewonnenen Lebensgefühl abholen und dadurch einen wunderbaren Theaterabend bereiten.

Eins der Lieblingsmusicals der Deutschen ist unter anderem Tanz der Vampire. Das läuft ja in Berlin zum allerletzten Mal. Glaubst du, dass Graf Krolock nur eine schöpferische Pause einlegt und dann doch wieder aus der Gruft kommt?

Nach dem Ende der jetzigen Laufzeit im Stage Theater des Westens steigen die Vampire tatsächlich in ihre Gräber und werden dann nirgendwo mehr aufgeführt. Wer also noch einmal Blut lecken möchte: auf nach Berlin!

Welches Musical hast du bisher am häufigsten gesehen?

Das dürfte MAMMA MIA! sein, das ich seit den Hamburger Previews 2002 überall hin mit begleite. Dicht gefolgt von WICKED aufgrund ganz persönlicher Neigung – für mich ein Musterbeispiel eines intelligenten Stückes, bei dem alle klassischen Gewerke eines Musicals aufs Beste zusammenkommen –  und FACK JU GÖHTE, was ich für eins der innovativsten, frischesten und bemerkenswertesten Musicals der jüngeren Zeit halte. Und das nicht nur, weil wir es selbst auf die Beine gestellt haben 😊. Ich mag es einfach, wenn das Genre Musical aus gewohnten Bahnen ausbricht und etwas Neues probiert.

Stephan Jaekel - DerKultur.blogFACK JU GÖHTE – Das Musical wurde beim Deutschen Musical Theaterpreis als „Bestes Musical 2018“ ausgezeichnet. Gibt es ein Wiedersehen?

Wir arbeiten mit Hochdruck daran! Darin werden wir auch von vielen, vielen Fans bestärkt, die das Cast Album rauf und runter spielen oder uns mit ihren Social Media Posts an die großartige Laufzeit im Münchner WERK7 Theater erinnern.

Welche Frage würdest du dir selber gerne stellen?

Wann wird in deutschen Feuilletons – und beim Publikum – endlich das leidige Unterscheidungs-Postulat zwischen „U“ und „E“ Kunst aufgehoben?

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