Website-Icon DerKultur.Blog – Kulturboulevard

Kaffeehausgespräche – mit Stephanie Lexer

Stephanie Lexer - DerKultur.blog

Hallo Stephanie, stell dich doch mal bitte kurz vor.
Stephanie, Österreicherin, in München lebend. Schauspielerin. Durch und durch. Ich denke in Filmen. Ich liebe Geschichten und habe einen Hang dazu, Menschen und Mensch-Sein verstehen zu wollen, sie zu begreifen… und letztendlich eben zu verkörpern.

Frühaufsteher oder Morgenmuffel?
Ich würde mich schon eher als eine Frühaufsteherin bezeichnen. Allerdings nicht immer freiwillig, manchmal muss eben einfach ein früher Zug erwischt oder noch etwas abgearbeitet werden, bevor z. B. ein Drehtag oder dergleichen beginnt.

Kaffee oder Tee? Wie sieht die erste Stunde deines Tages aus?
Kaffee. Auch wenn nun wohlmöglich all meine britischen FreundInnen die Augen verdrehen werden. Aber ich starte meinen Tag mit einem großen Soja Latte Macchiato.
Wenn ich zu Hause bin und zu keiner bestimmten Zeit einen Termin bzw. Job habe, dann setze ich mich mit diesem Bottich Milchkaffee an den Rechner und durchstöbere erst mal alle etwaigen Kanäle. Film-Seiten, Social Media, E-Mails beantworten. Davor werden allerdings zuerst meine beiden Kater versorgt, die lassen mich sonst nicht in Ruhe arbeiten. Sam und Merlin sind da sehr fordernd. Na, Recht haben sie. Im Idealfall wird dann noch meditiert, aber ich muss gestehen, dass ich dies noch nicht täglich einzubauen schaffe.

Welche Musik hörst du wenn du unterwegs bist?
Musikfans unter euren Lesern werden nun die Stirn runzeln, aber ich mag tatsächlich nahezu jede Musikrichtung. Für mich ist Musik einfach Inspiration, Entspannung, Motivation oder auch tatsächlich Hilfswerkzeug zur Rollenvorbereitung. Dementsprechend ist mein Geschmack hier sehr vielschichtig. Derzeit höre ich z. B. Madeline Juno rauf und runter. Oder hab so meine kleine interne Power-Play-List für bestimmte Stimmungen. So wie bei Filmen… da weiß ich auch ganz genau, welchen Film ich gucken muss, wenn ich traurig bin oder wenn ich Fernweh habe, mich nach Leichtigkeit sehne oder oder oder. Ich liebe das Phänomen, dass man Lieder seiner Jugend hört und dann sofort innerlich wieder 15 ist. Musik, Filme, Kunst sind schon etwas Tolles. Hach.

Hast du einen Lieblingsplatz?
Alles am Wasser. Da ist es dann zweitrangig ob an einem Fluss, See oder am Meer. Wobei, wenn ich wählen dürfte, dann wäre es das Meer. Entspannt mich sofort. Ich liebe das Wasser.


Du gehörst ja zu der Generation die Filme und Serien mehr auf Streaming Portalen guckt und diese Kanäle auch bespielt. Glaubst du, dass das „normales TV“ noch eine Zukunft hat?

Eine gute Frage, spannend, und gar nicht mal so einfach zu beantworten. Ich persönlich glaube schon, dass das „normale TV“ nach wie vor eine Zukunft hat und existieren wird. Das Gerät selbst ja sowieso… aber auch das „lineare“ Fernsehen… denn es gibt genügend Menschen, die gerne zappen und dieses „an einer Sendung hängen bleiben“ lieben. Aber ich denke auch, dass Qualität und Vielfalt von Content wieder wichtiger werden. Ob das eventuell heißt, spezifischer, aber weniger zu produzieren, das wird die Zukunft zeigen. Aber zum Glück wird und muss Qualität wieder Vorrang haben, denn das Publikum hat einfach so unglaublich viel Auswahl mittlerweile. Das bringt natürlich auch eine gewisse Gefahr mit sich, dass es zu breit, zu massig, zu breiig und zu beliebig wird. Das wiederum birgt aber auch eine große Chance inne. Und auf diese Herausforderung freue ich mich.

Wie bist du zu dem gekommen, was du heute machst?
In Geschichten und ins Erzählen dieser war ich schon immer vernarrt. Ob selbst als Leseratte oder diejenige, die sich schon als Kind über die Hausaufgaben des Aufsatz-Schreibens freute. Mein erster, mir bewusster Berufswunsch war der, der Schriftstellerin

Wie schwer ist es als junges Talent an adäquate Rollen zu kommen?
Puh, das ist in der Tat sehr schwierig zu beantworten. Denn es ist schon auch durchaus vom Glück abhängig und was das eigene Schicksal einem für einen Weg zeichnen wollte. Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, die richtigen Menschen zu kennen, die richtigen Geschichten zu erwischen, dann auch noch die Anforderungen des „Looks“ zu erfüllen und zahlreichen anderen Kriterien unterworfen zu sein, die man selbst einfach nicht zu beeinflussen vermag, oder zumindest nur bis zu einem gewissen Grad. Dass es von vielen einzelnen Dingen abhängt, und auch ein sehr optisch orientiertes Business, ein Typen-Business ist, war mir durchaus in der einen oder anderen Form bewusst, als ich diese Branche betrat. Wie viel aber dann doch nicht in meinen eigenen Händen, meinem eigenen Willen liegt, das war dann anfänglich doch etwas gewöhnungsbedürftig. Was allerdings nicht heißen soll, dass man nicht selbst einiges tun kann, um sich durchzukämpfen, dran zu bleiben, zu verbessern, zu wachsen. Das ist wiederum einer der wunderschönen Teile dieses Berufs… du darfst stetig wachsen. Und das über eine Tätigkeit, die ich liebe… im kreativen Austausch… wie wunderschön ist das denn bitte?!

 

Ist die #metoo Kampagne auch in deiner Generation ein Thema?
Absolut. Ein Thema ist sie allemal. Ich denke zwar, dass die Aufmerksamkeit nun wesentlich größer ist als früher und von daher hoffe ich, dass diese Fälle immer seltener wurden in den letzten Jahren… allerdings ist die Dunkelziffer nach wie vor ein Faktor. Die Kampagne selbst muss aber auch in meiner Generation und in allen nachkommenden ein Thema bleiben, zumindest fürs Bewusstsein. Die Gründe für die Notwendigkeit einer solchen Kampagne werden hoffentlich nach und nach immer weniger. Das ist die Erwartung, das Ziel, dass solche Vorfälle Geschichte sind. Aber wenn ich ehrlich bin, befürchte ich, dass es nie ganz ausgerottet sein wird. Wo Menschen und Abhängigkeiten greifen, wird es wohl immer einen Nährboden dafür geben. Umso wichtiger, darüber zu sprechen und Grenzen zu setzen. Es ist ohnehin eine schwierige Diskussion, wo Übergriffe beginnen. Fakt ist aber, dass es hier auch um Abhängigkeiten und Machtmissbrauch geht. Und diese Dinge müssen unter die Lupe genommen und ganz genau betrachtet werden. Es macht mir etwas Bauchschmerzen, dass schon so schnell dazu übergegangen wurde #metoo Scherze zu machen und alles durcheinander gemischt wird, sodass manche von der Berichterstattung schon genervt sind. Mir ist durchaus bewusst, dass Humor auch eine Art und Weise ist, mit alledem, den schweren, unangenehmen Gefühlen dazu, umzugehen – aber es ist tricky und ein absolut sensibles Thema. Hier gilt es, noch einiges zu tun.

Bekommt man auch oft unseriöse Filmangebote?
Unseriös? Das ist natürlich auch eine Definitionssache. Was versteht man gemeinhin unter unseriös? Ich hätte schon die eine oder andere „merk-würdige“ Geschichte in petto, wo man nur den Kopf schütteln kann. In einer Casting-Einladung wurde ich zum Beispiel dazu aufgerufen mit Nacktheit kein Problem zu haben. Nun denn, dies ist je nach Rolle und Geschichte eine legitime Anmerkung. Aber nach Durchsicht des Drehbuchs und dem Hinweis von Low Budget-Produktion und einigen intimeren Szenen, staunte ich nicht schlecht, als mir eine ganz bestimmte Stelle unterkam: darin sollte ich eine Katze gebären und man wolle mir dabei in den Schritt filmen. Da hatte ich mich dann schon gefragt, was denn das für ein Film werden soll. Die Begründung war, es solle so echt als möglich aussehen, authentisch sein und den Schritt inklusive Geburtsszene wolle man aus Realitätsanspruch zeigen… Nun denn, vielleicht gibt es diesen Film da draußen und vielleicht ist er einer der genialsten aller Zeiten und ich konnte bloß keinen Bezug zur Vision herstellen. Auch das ist natürlich möglich. Aber in solchen Momenten stutzt man dann schon ein wenig. Es gibt genügend Geschichten, wo mit Nacktheit nicht korrekt umgegangen wird. Zum Glück gibt es aber auch die Sets, an denen man sich an das hält, was vereinbart wurde. Denn klar ist, dass es je nach Geschichte und Situation intime Szenen geben soll. Und klar ist auch, dass der eigene Anspruch sagt, dies auch zeigen zu wollen, wenn es für die Figur und die Story Sinn macht. Was mir nicht klar ist, warum mit SchauspielerInnen ganz genau abgesprochen wird, was zu sehen sein wird… und dann sitzt man im Kino, sieht, mit allen anderen Zuschauern gemeinsam die finale Version, zum ersten Mal… und dann fällt einem die Kinnlade runter, weil manche Vereinbarungen nicht eingehalten wurden und das Vertrauen sozusagen missbraucht wurde. Auch dies ist schon, mir nur in kleinerem Rahmen, KollegInnen von mir aber in größerem Stile, vorgekommen.
Mich freut sehr, dass es nun gerade für solche sensiblen Szenen eine neue Berufsgruppe am Markt gibt, und zwar den/die Intimacy Coordinator und intime Szenen nun endlich wie z. B. Stuntszenen, für die dann auch eine/einen Stunt Coordinator am Set beauftragt wird, behandelt werden. Es tut sich also einiges in dieser Richtung.

Ist München für dich eine Filmstadt?
Absolut. Hier tummelt sich so viel an Talent und kreativem Schaffensdrang. Selbstverständlich gibt es hier noch Potenzial auszuschöpfen, aber das wiederum beinhaltet auch eine spannende Chance. Auf jeden Fall hat München so einiges als Filmstadt zu bieten. Sowohl in Bezug auf Locations und Drehorten, aber im Speziellen an interessanten FilmemacherInnen.

 

 

Wir treffen uns ja des Öfteren auf dem Roten Teppich im Deutschen Theater München bei Musical- oder Theater-Premieren. Ist Musical auch was, was dich reizen würde?
Definitiv. Das würde mich sofort reizen. Mit Musical verbinde ich meine Anfänge und werde „Grease“ tatsächlich niemals mehr vergessen. Völlig egal, wie toll oder großartig andere Inszenierungen danach gewesen sein mögen und noch sein werden, für mich selbst wird dieser Abend und dieses Stück immer mein persönliches „bestes Musical aller Zeiten“ bleiben. Ich verdanke diesem Moment einfach so unglaublich viel.

Ist Social Media für dich eher Fluch oder Segen?
Ein bisschen von beidem vermutlich. Aber ich habe gelernt, damit nicht nur umzugehen, sondern es auch so viel oder wenig zu machen, wie es mir gerade möglich ist. Ich betreue meine Kanäle ja selbst und am Anfang habe ich mich da noch mehr mitreißen lassen. Nach und nach konnte ich dann meine eigene Social Media-Sprache und meinen eigenen Zugang dazu finden. Ich denke, man darf sich da nicht zu viele Gedanken machen. Klar, eine authentische Strategie grundsätzlich zu verfolgen, mag nicht falsch sein, aber letztendlich rate ich immer, wenn es dir so gar keinen Spaß macht, dann lass es. Ich finde, man spürt sofort, ob ein Posting aus Pflichtbewusstsein, aus reinem Marketing oder aus dem Moment der Freude erstellt wurde. Für mich gehört es aber dazu. Es ist ein Tool und Netzwerk unserer Zeit und je nach Kanal fühle ich mich dem mehr oder weniger zugehörig.

Auf was bist du besonders stolz?
Zwei Dinge auf die ich tatsächlich stolz bin, ist, mir trotz der vielen Reiserei, den verschiedensten Wohnorten, wo sich mittlerweile jeder/jede aufhält, einen wunderbaren Freundeskreis geschaffen zu haben. Das macht man natürlich nicht alleine. Aber ich bin sehr stolz darauf, solch wundervolle Menschen in meinem Umfeld zu haben, die alle in sich so einzigartig, so stark, so zart, so kraftvoll, sensibel, humorvoll, smart und warmherzig sind. Welch‘ ein Geschenk.
Das Zweite worauf ich stolz bin ist, mir in den letzten Jahren immer Stück für Stück meine Komfortzone ausgedehnt zu haben. Dafür muss man wahrscheinlich das eine oder andere Mal auch aus ihr herausgetreten sein, aber so nach und nach durfte diese wachsen. Das heißt noch lange nicht, dass mir gewisse Dinge leicht fallen oder ich nicht auch vor vielen Momenten ein bisschen Angst habe… Aber ich bin stolz darauf, mich immer wieder mal herauszuwagen und mich Situationen auszusetzen, von denen ich noch nicht weiß, wie gut ich sie handhaben werde können.

Gibt es etwas was du dir in letzter Zeit gegönnt hast?
Ich werde mir demnächst einen Flug nach Cannes zum nächsten Filmfest gönnen. Und ich glaube, einen ganzen Tag lang nur Serien zu gucken, das steht auch ganz bald wieder an.

Für was gibst du gerne Geld aus?
Bücher und Filme. Da kann ich selten widerstehen. Das brauche ich auch für mein Seelenheil und zum Energie tanken.

Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du dankbar?
Nur drei? Tatsächlich bin ich vor allem für die Menschen in meinem Leben dankbar, mit denen ich gemeinsam durch dick und dünn gehen darf.

Was siehst du, wenn du in den Spiegel siehst? Oder beschreibe dich mit drei Worten.
Da habt ihr mich nun erwischt. Solche Fragen fallen mir besonders schwer. Darf ich Freundinnen zitieren? Die würden dann wohl Worte wie zuverlässig, empathisch, willensstark, intuitiv und zielstrebig raushauen. Aber natürlich nur, weil sie mich mögen 😉

Wie entspannst du?
Ein heißes Bad, Chai Tee und einen guten Film oder Serienmarathon. Ich brauche immer wieder Phasen mit Zeit für mich. Einfach, um wirklich wieder zur Ruhe zu kommen, ganz bei mir anzukommen um dann wieder mit neuem Elan loslegen zu können.

Was schiebst du immer wieder gerne auf?
Äh… die Steuererklärung.

Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Wie heißt noch gleich der Spruch?! „Und immer wenn ein Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl.“ Ab und an fühle ich mich tatsächlich so. Als würden da oben eine Schar Götter im Olymp sitzen und sich denken „da hat sie ja einen klugen Plan geschmiedet“… und andere dann rufen „ach, viel zu geradlinig, laaangweilig!“… und lassen die Würfel neu rollen.
Aber natürlich habe ich Träume und Ziele… Zum einen möchte ich bis an mein Lebensende spielen dürfen. Wie Katharine Hepburn zum Beispiel, die bis ins hohe Alter als Schauspielerin tätig war und sich geärgert hatte, als sie mit 90 Jahren nicht mehr ganz so schnell mit dem Fahrrad den Berg hochkam. Ich glaube, ich wäre da sehr ähnlich. Ich will mich stets weiterentwickeln und mich neuen Herausforderungen stellen, in und mit und durch meine Rollen wachsen – als Schauspielerin und als Mensch im Besonderen.

Welche Frage wird dir selten oder nie gestellt, die du aber gerne mal beantworten möchtest?
Können wir den Spieß umdrehen und ich verrate euch die Fragen, auf die ich schon immer mal eine Antwort haben wollte?! Allerdings müssten wir dann wohmöglich jemanden aus der Zukunft zu Rate ziehen. Na vielleicht philosophieren wir dann gemeinsam darüber, bei einem Weihnachtspunsch zum Beispiel?

 

Vielen Dank für das ausführliche Interview.

 

Die mobile Version verlassen