London, 04.09.2023 – ein Gastbeitrag von Tobi Berger

Ein paar Eindrücke der Londoner “Rebecca” Premiere im Charing Cross Theatre am 4. September 2023:
Eine großartige Produktion, aber ganz anders als alle vorherigen Rebecca Inszenierungen. Viel kleiner, intimer, aber nicht weniger beeindruckend!
Das Theater erinnert an einen Kinosaal. Klein, gemütlich, gut ansteigend für super Sicht. Gerade einmal 265 Personen finden darin Platz. Der Sound ist super, was auch an dem tollen Orchester liegt. Die Kostüme sind größtenteils geändert, nicht ganz so aufwendig, wie die gewohnten Wiener Kostüme, aber passend zu Stück und Zeit.
Die Bühne wirkt im Wiener Vergleich ehr wie aus dem Schultheater, ist aber bestmöglichst genutzt und wandelbar. Vieles spielt sich auch einfach nur vor dem weißen Vorhang ab.
Der Cast besteht aus 19 Personen, von denen außer die drei Hauptpersonen, auch alle im Ensemble zu sehen sind. Besonders herausragend ist Lauren Jones als “Ich”. Absolt gefühlvoll und mit ordentlicher Stärke im zweiten Akt.

Echtes Feuer gibts in London nicht, dafür wird bereits während “Jenseits der Nacht” damit begonnen, den Zuschauerraum einzunebeln. Ohnehin spielt sich sehr viel im Zuschauerraum ab. Viele Szenenabgänge oder auch das komplette “Merkwürdig” findet dort statt.
Zu den Änderungen im Vergleich zur aktuellen Wiener Produktion:

“Petit Dejeuner” ist getrichen, die Melodie wird anstatt des “Balls von Manderley” verwendet und ist eine Ensemble Nummer der Bediensteten geworden. Neuer Titel: “What a Night”.
Der Ball ist gestrichen, lediglich Bee und Giles kommen verkleidet auf die Bühne.
Mrs van Hopper ist nur zu Beginn dabei. Ab der Hochzeit taucht sie nicht mehr auf.
Die Darstellerin verschwindet im Ensemble. “American Woman” ist ebenfalls gestrichen.
“Am Abgrund” und “Zeit in einer Flasche” verschmelzen zusammen, was die Szenerie verkürzt, aber auch das Lied etwas untergehen lässt.
“Die neue Mrs de Winter” ist im ersten Akt gestrichen, im zweiten Akt dann dabei. Mrs Danvers ist hier von Anfang an mit auf der Bühne.
“Was ist nur los mit ihm” entfällt im ersten Akt, ersetzt im zweiten Akt dann “Stärke einer Frau” mit neuem Text.
“Zauberhaft natürlich” wurde durch ein neues Lied ersetzt. Ebenso “Die lieben Verwandten”.
Favells “Eine Hand wäscht die andere Hand” hat vor dem eigentlichen Song bereits zwei kurze Anspieler im ersten und zweiten Akt. Die wörtliche Übersetzung des Liedes ist hier “schrubbst du mir den Rücken, schrubbe ich deinen”.
Ein sehr gefühlvolles, neues Lied hat “Ich” im zweiten Akt ebenfalls bekommen.
Der Epilog “ich hab geträumt…” ist etwas umgestellt, macht das Finale dadurch aber noch emotionaler.
Auch wenn es kein Vergleich zur großen Wiener Produktion ist, lohnt sich ein Besuch im gemütlichen Charing Cross Theatre in London für Rebecca-Fans allemal.

Zu meiner Person: ich bin Tobi, 31 Jahre, komme aus der Nähe von Nürnberg und bin seit meiner Kindheit gerne im Theater. Über die Jahre habe ich hunderte von Shows sehen dürfen und bin immer wieder begeistert von neuen Stücken, neuen Inszenierungen, aber auch den bekannten Klassikern.
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